Erstes Bicycle Policy Audit für Österreich durchgeführt

Radweg ende

Die Aufgabe eines Bicycle Policy Audit (BYPAD) ist es, Radverkehrsaktivitäten durch Politik, Verwaltung und Interessensgruppen der Radfahrenden bewerten zu lassen. Die Methode wurde bisher in mehr als 200 Städten und Regionen in Europa erfolgreich angewandt. Sie zeichnet sich besonders durch die Selbstbewertung und Diskussion der teilnehmenden Evaluator:innen aus. Nun wurde ganz Österreich erstmals in einem BYPAD bewertet.

In Österreich wurde BYPAD schon von 65 Gemeinden und Regionen, wie beispielsweise von Radkompetenz-Mitglied Land Vorarlberg und Stadt Salzburg sowie von Graz und Linz für eine Bewertung der Radverkehrspolitik verwendet. Im Rahmen des EU Projekts Danube Cycle Plans wurde BYPAD unter Mitwirkung des Radkompetenz-Mitgliedes Verracon für die nationale Anwendung adaptiert und für Österreich Anfang 2022 im Auftrag des Bundesministeriums für Klimaschutz (BMK) umgesetzt. In einem ersten Schritt wurde der Status Quo der österreichischen Radverkehrspolitik bewertet und in einem zweiten Schritt Bereiche mit Handlungsbedarf identifiziert. Die Ergebnisse bilden wertvollen Input für die Fortschreibung des österreichischen Masterplans Radfahren.

Bicycle Policy Audit für Österreich zeigt Handlungsbedarf

Die BYPAD Analyse ergab, dass Österreich mit seinen Radverkehrsaktivitäten generell guter Durchschnitt ist, aber in fast allen Bereichen Verbesserungsbedarf hat. Am besten wurde das Modul „Förderung des Radverkehrs auf verschiedenen Ebenen“ und „Personal und Mittel“ bewertet. Vor allem die deutlich erhöhten Bundesmittel für den Radverkehr wurden als positiv angesehen. Um diese Chancen zu nutzen, ist vor allem mehr Personal auf allen Ebenen der Verwaltung – Bund, Länder, Gemeinden – notwendig.

Am schlechtesten wurde die Situation im Bereich „Flächennutzung- und Infrastrukturplanung“ sowie „Nutzerbedürfnisse“ bewertet, vor allem weil in der täglichen Praxis bei politischen Raumordnungs- und Infrastrukturentscheidungen die Bedürfnisse der Radfahrenden zu wenig berücksichtigt werden. Um das zu ändern wären vor allem gesetzliche Änderungen der Raumordnungsgesetze auf Landesebene und der Infrastrukturgesetze empfehlenswert.

Bewertung durch Radfahrende, Verwaltung und Politik in neun Modulen

Erstes Bicycle Policy Audit für Österreich durchgeführt

BYPAD bildet in neun Modulen die Qualität der Radverkehrspolitik eines Landes oder einer Stadt ab. Die Modulbewertungen ergeben sich aus den Bewertungen der einzelnen Fragen, und diese wiederum ergeben sich aus den Bewertungen der Evaluator:innen sowie den Diskussionen aus den Auditsitzungen. In einem ersten Schritt wurde der Status Quo der österreichischen Radverkehrspolitik von den Evaluator:innen bestehend aus Radfahrenden, Verwaltung und Politik bewertet. In einem zweiten Schritt wurden die Areale für Verbesserungen ausgemacht.

Als konkreten Input für den neuen Masterplan wurde in Modul 4 die ausreichende jährliche Budgetierung auf Bundesseite im Zuge der 5 Jahre Bundesfinanzrahmenplanung in Analogie zur ASFINAG bzw. im Rahmen eines Bundesgesetzes zu Mobilitätsmanagement und Aktiver Mobilität genannt. Grundlage zu Finanzierungsfragen soll hier die 2022 neu erstellte „Grundlagenstudie Investitionsbedarf Radverkehr“ von Radkompetenz-Mitglied Verracon darstellen, über die wir hier ausführlich berichten. Ebenfalls als sehr wichtig erachtet wurde der Ausbau der Bundesradverkehrskoordination und die Erhöhung der Personalkapazitäten beim BMK sowie bei anderen Ministerien in Bezug auf Radverkehrsagenden.

Erstes Bicycle Policy Audit für Österreich durchgeführt

Abbildung: Ergebnis des ersten BYPAD für Österreich nach Modulen

Ziele im Gesundheitsbereich und messbare Indikatoren fehlen noch

Im besseren Mittelfeld findet sich Modul 2 und 3. Im Bereich „Führung und Koordinierung“ fehlen vor allem im Politikbereich Gesundheitswesen (Prävention, Gesundheitsförderung) derzeit noch festgelegte Ziele und Mittel für die Förderung und Forcierung des Radverkehrs. Im Modul „Politik am Papier“ wurde die Erhöhung der Verbindlichkeit des Masterplans Radfahren sowie der Einbau einiger messbarer Indikatoren in die Fortschreibung des Masterplans als sehr wichtig erachtet.

Modul 6 und 9 liegen etwas über, Modul 5 im Durchschnitt der Bewertung. Die „Kombination Radfahren – ÖV“ sieht eine Vielzahl von Verbesserungsvorschlägen vor, um die Kombination von ÖV und Fahrrad in Zusammenarbeit mit den ÖBB, den Verbünden und den großen Verkehrsunternehmen voranzutreiben: Von der Zuordnung von adäquaten Personalkapazitäten, der Erhebung/Potenzialanalyse bzgl. der Radabstellsituation an Bahnhöfen bzw. übergeordnete Bushaltestellen bis zur Entwicklung eines Förderprogramms für Planung und Bau von sicheren, direkten Radverkehrsverbindungen im Umfeld von ÖV-Haltestellen. In Modul 9 wird vor allem die Einrichtung eines harmonisierten Radverkehrszählsystem von Bund, Ländern, Kommunen und Tourismus bestehend aus automatischen Zählstellen, Mobilitätserhebungen, Interviews und Umfragen gefordert. Modul 5 „Radwegenetz inkl. Sicherheit“ wird deshalb nur durchschnittlich bewertet, weil vielerorts Zielnetze für den Alltagsradverkehr noch fehlen bzw. noch nicht den definierten Qualitätskriterien entsprechen.

Die gesamte BYPAD Analyse inklusive der Verbesserungsvorschläge steht Ihnen hier zum Download sowie in der Radkompetenz Wissens-Datenbank zur Verfügung. Das nächste Training für BYPAD Auditor:innen findet von 4. bis 5.7.2022 statt: Info

Veröffentlicht am: 6. Oktober 2023Kategorien: Forschung & ProjekteSchlagwörter: , ,

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Die Aufgabe eines Bicycle Policy Audit (BYPAD) ist es, Radverkehrsaktivitäten durch Politik, Verwaltung und Interessensgruppen der Radfahrenden bewerten zu lassen. Die Methode wurde bisher in mehr als 200 Städten und Regionen in Europa erfolgreich angewandt. Sie zeichnet sich besonders durch die Selbstbewertung und Diskussion der teilnehmenden Evaluator:innen aus. Nun wurde ganz Österreich erstmals in einem BYPAD bewertet.

In Österreich wurde BYPAD schon von 65 Gemeinden und Regionen, wie beispielsweise von Radkompetenz-Mitglied Land Vorarlberg und Stadt Salzburg sowie von Graz und Linz für eine Bewertung der Radverkehrspolitik verwendet. Im Rahmen des EU Projekts Danube Cycle Plans wurde BYPAD unter Mitwirkung des Radkompetenz-Mitgliedes Verracon für die nationale Anwendung adaptiert und für Österreich Anfang 2022 im Auftrag des Bundesministeriums für Klimaschutz (BMK) umgesetzt. In einem ersten Schritt wurde der Status Quo der österreichischen Radverkehrspolitik bewertet und in einem zweiten Schritt Bereiche mit Handlungsbedarf identifiziert. Die Ergebnisse bilden wertvollen Input für die Fortschreibung des österreichischen Masterplans Radfahren.

Bicycle Policy Audit für Österreich zeigt Handlungsbedarf

Die BYPAD Analyse ergab, dass Österreich mit seinen Radverkehrsaktivitäten generell guter Durchschnitt ist, aber in fast allen Bereichen Verbesserungsbedarf hat. Am besten wurde das Modul „Förderung des Radverkehrs auf verschiedenen Ebenen“ und „Personal und Mittel“ bewertet. Vor allem die deutlich erhöhten Bundesmittel für den Radverkehr wurden als positiv angesehen. Um diese Chancen zu nutzen, ist vor allem mehr Personal auf allen Ebenen der Verwaltung – Bund, Länder, Gemeinden – notwendig.

Am schlechtesten wurde die Situation im Bereich „Flächennutzung- und Infrastrukturplanung“ sowie „Nutzerbedürfnisse“ bewertet, vor allem weil in der täglichen Praxis bei politischen Raumordnungs- und Infrastrukturentscheidungen die Bedürfnisse der Radfahrenden zu wenig berücksichtigt werden. Um das zu ändern wären vor allem gesetzliche Änderungen der Raumordnungsgesetze auf Landesebene und der Infrastrukturgesetze empfehlenswert.

Bewertung durch Radfahrende, Verwaltung und Politik in neun Modulen

Erstes Bicycle Policy Audit für Österreich durchgeführt

BYPAD bildet in neun Modulen die Qualität der Radverkehrspolitik eines Landes oder einer Stadt ab. Die Modulbewertungen ergeben sich aus den Bewertungen der einzelnen Fragen, und diese wiederum ergeben sich aus den Bewertungen der Evaluator:innen sowie den Diskussionen aus den Auditsitzungen. In einem ersten Schritt wurde der Status Quo der österreichischen Radverkehrspolitik von den Evaluator:innen bestehend aus Radfahrenden, Verwaltung und Politik bewertet. In einem zweiten Schritt wurden die Areale für Verbesserungen ausgemacht.

Als konkreten Input für den neuen Masterplan wurde in Modul 4 die ausreichende jährliche Budgetierung auf Bundesseite im Zuge der 5 Jahre Bundesfinanzrahmenplanung in Analogie zur ASFINAG bzw. im Rahmen eines Bundesgesetzes zu Mobilitätsmanagement und Aktiver Mobilität genannt. Grundlage zu Finanzierungsfragen soll hier die 2022 neu erstellte „Grundlagenstudie Investitionsbedarf Radverkehr“ von Radkompetenz-Mitglied Verracon darstellen, über die wir hier ausführlich berichten. Ebenfalls als sehr wichtig erachtet wurde der Ausbau der Bundesradverkehrskoordination und die Erhöhung der Personalkapazitäten beim BMK sowie bei anderen Ministerien in Bezug auf Radverkehrsagenden.

Erstes Bicycle Policy Audit für Österreich durchgeführt

Abbildung: Ergebnis des ersten BYPAD für Österreich nach Modulen

Ziele im Gesundheitsbereich und messbare Indikatoren fehlen noch

Im besseren Mittelfeld findet sich Modul 2 und 3. Im Bereich „Führung und Koordinierung“ fehlen vor allem im Politikbereich Gesundheitswesen (Prävention, Gesundheitsförderung) derzeit noch festgelegte Ziele und Mittel für die Förderung und Forcierung des Radverkehrs. Im Modul „Politik am Papier“ wurde die Erhöhung der Verbindlichkeit des Masterplans Radfahren sowie der Einbau einiger messbarer Indikatoren in die Fortschreibung des Masterplans als sehr wichtig erachtet.

Modul 6 und 9 liegen etwas über, Modul 5 im Durchschnitt der Bewertung. Die „Kombination Radfahren – ÖV“ sieht eine Vielzahl von Verbesserungsvorschlägen vor, um die Kombination von ÖV und Fahrrad in Zusammenarbeit mit den ÖBB, den Verbünden und den großen Verkehrsunternehmen voranzutreiben: Von der Zuordnung von adäquaten Personalkapazitäten, der Erhebung/Potenzialanalyse bzgl. der Radabstellsituation an Bahnhöfen bzw. übergeordnete Bushaltestellen bis zur Entwicklung eines Förderprogramms für Planung und Bau von sicheren, direkten Radverkehrsverbindungen im Umfeld von ÖV-Haltestellen. In Modul 9 wird vor allem die Einrichtung eines harmonisierten Radverkehrszählsystem von Bund, Ländern, Kommunen und Tourismus bestehend aus automatischen Zählstellen, Mobilitätserhebungen, Interviews und Umfragen gefordert. Modul 5 „Radwegenetz inkl. Sicherheit“ wird deshalb nur durchschnittlich bewertet, weil vielerorts Zielnetze für den Alltagsradverkehr noch fehlen bzw. noch nicht den definierten Qualitätskriterien entsprechen.

Die gesamte BYPAD Analyse inklusive der Verbesserungsvorschläge steht Ihnen hier zum Download sowie in der Radkompetenz Wissens-Datenbank zur Verfügung. Das nächste Training für BYPAD Auditor:innen findet von 4. bis 5.7.2022 statt: Info

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