Das war die Velo-city Konferenz 2024 in Gent
Seit 44 Jahren versammelt die Velo-city Konferenz der European Cyclists Federation die führenden Expert:innen des Radverkehrs und erlangte damit den Status der global bedeutendsten Fachkonferenz. Die größte bisherige Ausgabe fand vom 18. bis 21. Juni mit 1.650 Teilnehmer:innen in Gent, Belgien statt. Radkompetenz Österreich war dabei prominent vertreten. Wir bringen Highlights der Konferenz: Vorträge, Rad-Exkursionen, Networking-Events und die jährlich stattfindende Radparade. Den Hauptsaal der Veranstaltung bildete die Radrennbahn t´Kuipke, ein würdiger Rahmen für Vorträge und Paneldiskussionen.
Verkehrsberuhigung en gros: Gents Circulation Plan
Einer der Hauptdarsteller der Konferenz war die Stadt Gent selbst: Sie konnte in den letzten Jahren verkehrstechnisch vor allem durch den 2017 eingeführten „Circulation Plan“ auf sich aufmerksam machen. Als Teil dieses Mobilitätsplans wurde der Kfz-Durchzugsverkehr im Stadtzentrum innerhalb des inneren Rings mit einem Durchmesser von drei Kilometer stark beschränkt. Der Großteil der Straßen wurden in Fahrradstraßen umgewidmet, Brückenquerungen für Kfz gesperrt, 21 Überwachungskameras installiert und rund 2.500 Straßenschilder an einem Wochenende im April 2017 ausgetauscht.
An manchen Kreuzungen innerhalb des Rings wurde der Kfz-Verkehr dadurch über 90 % reduziert, die meistbefahrene Kreuzung zählt jährlich über 3 Millionen Radfahrende. Die Kfz-Einfahrtsverbote mit automatisierter Zufahrtskontrolle und die umweltfreundliche Verkehrsorganisation zeigen ihre Erfolge nach sieben Jahren auch in der Anzahl der Regelübertretungen bei Zufahrten: davon gibt es in der gesamten Innenstadt nur mehr 11 pro Tag.
Der Vorher-Nachher-Vergleich bei der Fachexkursion im Rahmen der Konferenz beweist: wo vor der Verkehrsberuhigung noch Autostau herrschte, ist jetzt freie Fahrt fürs Fahrrad. Die roten Bodenmarkierungen sind Teil von temporären Markierungen und Möblierungen, die den Straßenraum seit 2017 einschränken. Der erste Circulation Plan der Stadtverwaltung fand übrigens schon 1987 zur Umsetzung, wurde aber wegen politischen Drucks wieder rückgängig gemacht. 1993 folgte der Fahrradplan mit ersten Fahrradstraßen, 1997 wurden alle Fußgängerzonen zu einer 25 Hektar umfassenden Fläche verbunden, 2016 folgten starke Parkplatzreduktionen. Das Verkehrswunder von Gent hat also eine lange Vorgeschichte und mittlerweile viele Nachahmer.
Österreichs Präsenz auf der Konferenz
Die Plattform Radkompetenz Österreich bot gemeinsam mit Radkompetenz-Fördermitglied klimaaktiv mobil, der Initiative des Klimaschutzministeriums (BMK), ein vielfältiges Programm am Österreich-Stand und auf den Vortragsbühnen. Zu den Vortragenden zählten Vertreter:innen des BMK, der Mobilitätsagentur Wien, der Universität Salzburg, von Verracon und der Mobilitätszentrale Burgenland.
Weiters waren Kolleg:innen von JobRad Österreich, con.sens mobilitätsdesign, komobile, Radlobby, Stadt Wien, Boku Wien, Move-It Graz und Wiener Linien vor Ort. Besondere Präsenz bekam Radkompetenz-Mitglied VELLO durch die Verlosung eines klimaaktiv mobil VELLO Alfine 11 Faltrades im Rahmen des Charity Games der Stadt Gent. Das gesamte Programm können Sie hier nachlesen.
Das Networking-Highlight der Konferenz-Expo war der traditionelle Weinempfang am Radkompetenz-Stand, bei dem erstmals Einblicke in das transnationale Forschungsprojekt RADBEST gegeben werden konnten, an dem con.sens mobilitätsdesign, die Universität Salzburg und Salzburg Research federführend mitarbeiten. Die Ergebnisse des Projektes bringen wir im Herbst als Artikel!
Internationale Beispiele von Brasilien bis Mosambik
Neben zahlreichen Vorträgen aus Europa wurde der Horizont auch auf andere Kontinente erweitert. Beispiele aus dem globalen Süden setzten das Konferenz-Motto „Connecting through cycling“ auch geografisch um: In der brasilianischen Stadt Fortaleza wurde das Radverkehrsnetz innerhalb der letzten acht Jahre von 68 km auf 400 km erweitert. Der Anstoß für diese Verbesserungen im Radverkehr kam durch den Einsatz von grassroots-Bewegungen zustande, die in Zusammenarbeit mit der lokalen Bevölkerung die Notwendigkeit und Vorteile von Radverkehr sichtbar gemacht haben. Inzwischen wird auch stark auf Bike-Sharing gesetzt, welches in Fortaleza für Besitzer:innen eines Öffi-Verkehrskarte gratis ist.
Quelimane in Mosambik gilt als Stadt der Fahrradtaxis: der 35%-Anteil an Fahrradverkehr im Modal Split basiert vor allem auf dem ökonomischen Anreiz der Fahrradtaxis. Diese werden durch den Verein „association de bici taxis“ unterstützt. Man will das Fahrradfahren aber auch für Kinder und Frauen ausweiten, indem man vermehrt Schulen, Märkte und Seniorenheime mit Radwegen verbindet.
Die Critical Mass Nairobi bekam auf der großen Bühne des Radstadions die Gelegenheit, die sozialen Vorteile von Radverkehr und von gemeinsamen Radevents in Kenia darzulegen.
Resumée von vier spannenden Konferenztagen
Die vielfältigen Vorträge brachten inspirierende Beispiele von Radverkehrsplanung, Strategien und Verkehrspolitik auf die fünf Bühnen der Konferenz. Dabei lag der Fokus naturgemäß auf Erfolgen und Errungenschaften – aber auch kritische Blicke auf weitere Herausforderungen wie hier im Statement der Umweltstadträtin Kopenhagens bekamen ihren Platz. Das Team von Radkompetenz-Mitglied con.sens mobilitätsdesign, das teils per Fahrrad zur Konferenz anreiste, fasste sein Resumée so zusammen: „Insgesamt war die Konferenz hervorragend organisiert, der fachliche Input spannend und die kulinarische Verpflegung abwechslungsreich. Der Austausch mit so vielen fahrradbegeisterten Personen aus Österreich wie auch anderen Ländern hat uns einmal mehr motiviert, die Planung und Gestaltung für durchgängige, sichere und inklusive Fahrradinfrastruktur voranzutreiben!“
Fietssnelwegen: Radschnellwege in Flandern
Wer sich für das stetig wachsende Netz aus Radschnellwegen in Flandern interessiert, bekommt auf der Überblicksseite fietssnelwegen.be einen Überblick der existenten Radschnellwege und laufender Projekte. Ein beeindruckend dichtes Netz legt sich über die Region, wobei die Ausgestaltung dem Prinzip folgt, existente ruhige Verkehrsflächen und Bahnbegleitwege zu nutzen und an euralgischen Punkten komfortable Verbindungen durch Brücken und Unterführungen zu schaffen. Die durchgängige Markierung mit dem markanten blauen Dreieck und detaillierte Orientierungstafeln helfen den Nutzer:innen.
Fotos: con.sens, Radvokaten, Universität Salzburg, ECF, Fietssnelwege.be
Mehr von den Radkompetenz-Mitgliedern in diesem Artikel:
BMK klimaaktiv mobil, con.sens, JobRad Österreich, komobile, Mobilitätsagentur Wien, Mobiltätszentrale Burgenland, Radlobby Österreich, VELLO, Verracon, Z-GIS Mobility Lab Uni Salzburg
Verwandte Themen:
- Radgipfel mit 10 Jahre Radkompetenz Jubiläum
- Europäische Rundschau: EU Cycling Declaration und Studienergebnisse von Paris bis London
- Zukunftsweisende Studie: 7 Milliarden Euro Investitionsbedarf für Radverkehr
- Erstes Bicycle Policy Audit für Österreich durchgeführt
- Mitglieder-News mit besserer Radmitnahme und Gewinnspiel
- Forschungsgespräch zu Radverkehr und Mobilitätswende in Salzburg
Diesen Artikel teilen:
Das war die Velo-city Konferenz 2024 in Gent
Diesen Artikel teilen:
Seit 44 Jahren versammelt die Velo-city Konferenz der European Cyclists Federation die führenden Expert:innen des Radverkehrs und erlangte damit den Status der global bedeutendsten Fachkonferenz. Die größte bisherige Ausgabe fand vom 18. bis 21. Juni mit 1.650 Teilnehmer:innen in Gent, Belgien statt. Radkompetenz Österreich war dabei prominent vertreten. Wir bringen Highlights der Konferenz: Vorträge, Rad-Exkursionen, Networking-Events und die jährlich stattfindende Radparade. Den Hauptsaal der Veranstaltung bildete die Radrennbahn t´Kuipke, ein würdiger Rahmen für Vorträge und Paneldiskussionen.
Verkehrsberuhigung en gros: Gents Circulation Plan
Einer der Hauptdarsteller der Konferenz war die Stadt Gent selbst: Sie konnte in den letzten Jahren verkehrstechnisch vor allem durch den 2017 eingeführten „Circulation Plan“ auf sich aufmerksam machen. Als Teil dieses Mobilitätsplans wurde der Kfz-Durchzugsverkehr im Stadtzentrum innerhalb des inneren Rings mit einem Durchmesser von drei Kilometer stark beschränkt. Der Großteil der Straßen wurden in Fahrradstraßen umgewidmet, Brückenquerungen für Kfz gesperrt, 21 Überwachungskameras installiert und rund 2.500 Straßenschilder an einem Wochenende im April 2017 ausgetauscht.
An manchen Kreuzungen innerhalb des Rings wurde der Kfz-Verkehr dadurch über 90 % reduziert, die meistbefahrene Kreuzung zählt jährlich über 3 Millionen Radfahrende. Die Kfz-Einfahrtsverbote mit automatisierter Zufahrtskontrolle und die umweltfreundliche Verkehrsorganisation zeigen ihre Erfolge nach sieben Jahren auch in der Anzahl der Regelübertretungen bei Zufahrten: davon gibt es in der gesamten Innenstadt nur mehr 11 pro Tag.
Der Vorher-Nachher-Vergleich bei der Fachexkursion im Rahmen der Konferenz beweist: wo vor der Verkehrsberuhigung noch Autostau herrschte, ist jetzt freie Fahrt fürs Fahrrad. Die roten Bodenmarkierungen sind Teil von temporären Markierungen und Möblierungen, die den Straßenraum seit 2017 einschränken. Der erste Circulation Plan der Stadtverwaltung fand übrigens schon 1987 zur Umsetzung, wurde aber wegen politischen Drucks wieder rückgängig gemacht. 1993 folgte der Fahrradplan mit ersten Fahrradstraßen, 1997 wurden alle Fußgängerzonen zu einer 25 Hektar umfassenden Fläche verbunden, 2016 folgten starke Parkplatzreduktionen. Das Verkehrswunder von Gent hat also eine lange Vorgeschichte und mittlerweile viele Nachahmer.
Österreichs Präsenz auf der Konferenz
Die Plattform Radkompetenz Österreich bot gemeinsam mit Radkompetenz-Fördermitglied klimaaktiv mobil, der Initiative des Klimaschutzministeriums (BMK), ein vielfältiges Programm am Österreich-Stand und auf den Vortragsbühnen. Zu den Vortragenden zählten Vertreter:innen des BMK, der Mobilitätsagentur Wien, der Universität Salzburg, von Verracon und der Mobilitätszentrale Burgenland.
Weiters waren Kolleg:innen von JobRad Österreich, con.sens mobilitätsdesign, komobile, Radlobby, Stadt Wien, Boku Wien, Move-It Graz und Wiener Linien vor Ort. Besondere Präsenz bekam Radkompetenz-Mitglied VELLO durch die Verlosung eines klimaaktiv mobil VELLO Alfine 11 Faltrades im Rahmen des Charity Games der Stadt Gent. Das gesamte Programm können Sie hier nachlesen.
Das Networking-Highlight der Konferenz-Expo war der traditionelle Weinempfang am Radkompetenz-Stand, bei dem erstmals Einblicke in das transnationale Forschungsprojekt RADBEST gegeben werden konnten, an dem con.sens mobilitätsdesign, die Universität Salzburg und Salzburg Research federführend mitarbeiten. Die Ergebnisse des Projektes bringen wir im Herbst als Artikel!
Internationale Beispiele von Brasilien bis Mosambik
Neben zahlreichen Vorträgen aus Europa wurde der Horizont auch auf andere Kontinente erweitert. Beispiele aus dem globalen Süden setzten das Konferenz-Motto „Connecting through cycling“ auch geografisch um: In der brasilianischen Stadt Fortaleza wurde das Radverkehrsnetz innerhalb der letzten acht Jahre von 68 km auf 400 km erweitert. Der Anstoß für diese Verbesserungen im Radverkehr kam durch den Einsatz von grassroots-Bewegungen zustande, die in Zusammenarbeit mit der lokalen Bevölkerung die Notwendigkeit und Vorteile von Radverkehr sichtbar gemacht haben. Inzwischen wird auch stark auf Bike-Sharing gesetzt, welches in Fortaleza für Besitzer:innen eines Öffi-Verkehrskarte gratis ist.
Quelimane in Mosambik gilt als Stadt der Fahrradtaxis: der 35%-Anteil an Fahrradverkehr im Modal Split basiert vor allem auf dem ökonomischen Anreiz der Fahrradtaxis. Diese werden durch den Verein „association de bici taxis“ unterstützt. Man will das Fahrradfahren aber auch für Kinder und Frauen ausweiten, indem man vermehrt Schulen, Märkte und Seniorenheime mit Radwegen verbindet.
Die Critical Mass Nairobi bekam auf der großen Bühne des Radstadions die Gelegenheit, die sozialen Vorteile von Radverkehr und von gemeinsamen Radevents in Kenia darzulegen.
Resumée von vier spannenden Konferenztagen
Die vielfältigen Vorträge brachten inspirierende Beispiele von Radverkehrsplanung, Strategien und Verkehrspolitik auf die fünf Bühnen der Konferenz. Dabei lag der Fokus naturgemäß auf Erfolgen und Errungenschaften – aber auch kritische Blicke auf weitere Herausforderungen wie hier im Statement der Umweltstadträtin Kopenhagens bekamen ihren Platz. Das Team von Radkompetenz-Mitglied con.sens mobilitätsdesign, das teils per Fahrrad zur Konferenz anreiste, fasste sein Resumée so zusammen: „Insgesamt war die Konferenz hervorragend organisiert, der fachliche Input spannend und die kulinarische Verpflegung abwechslungsreich. Der Austausch mit so vielen fahrradbegeisterten Personen aus Österreich wie auch anderen Ländern hat uns einmal mehr motiviert, die Planung und Gestaltung für durchgängige, sichere und inklusive Fahrradinfrastruktur voranzutreiben!“
Fietssnelwegen: Radschnellwege in Flandern
Wer sich für das stetig wachsende Netz aus Radschnellwegen in Flandern interessiert, bekommt auf der Überblicksseite fietssnelwegen.be einen Überblick der existenten Radschnellwege und laufender Projekte. Ein beeindruckend dichtes Netz legt sich über die Region, wobei die Ausgestaltung dem Prinzip folgt, existente ruhige Verkehrsflächen und Bahnbegleitwege zu nutzen und an euralgischen Punkten komfortable Verbindungen durch Brücken und Unterführungen zu schaffen. Die durchgängige Markierung mit dem markanten blauen Dreieck und detaillierte Orientierungstafeln helfen den Nutzer:innen.
Fotos: con.sens, Radvokaten, Universität Salzburg, ECF, Fietssnelwege.be
Mehr von den Radkompetenz-Mitgliedern in diesem Artikel:
BMK klimaaktiv mobil, con.sens, JobRad Österreich, komobile, Mobilitätsagentur Wien, Mobiltätszentrale Burgenland, Radlobby Österreich, VELLO, Verracon, Z-GIS Mobility Lab Uni Salzburg
Mehr von diesen Mitgliedern:
Verwandte Themen:
- Radgipfel mit 10 Jahre Radkompetenz Jubiläum
- Europäische Rundschau: EU Cycling Declaration und Studienergebnisse von Paris bis London
- Zukunftsweisende Studie: 7 Milliarden Euro Investitionsbedarf für Radverkehr
- Erstes Bicycle Policy Audit für Österreich durchgeführt
- Mitglieder-News mit besserer Radmitnahme und Gewinnspiel
- Forschungsgespräch zu Radverkehr und Mobilitätswende in Salzburg